Dōgen untersucht ein tiefes geradezu mystisches Koān-Gespräch:
Der große Meister Seppō sagt:
„Die Buddhas der drei Zeiten sind in der Flamme und
drehen handelnd das große Dharma-Rad“.
Sein Schüler Meister Gensa
nickt zustimmend und fügt hinzu:
„Die lebende Flamme lehrt die Dharma-Wahrheit der Welt für die Buddhas der drei Zeiten.
Und die Buddhas der drei Zeiten stehen auf dem Grund und hören den
Dharma (in der Flamme.)“
Was haben diese geheimnisvollen Aussagen des Koâns mit der wunderbaren Dharma-Lehre
und dem wahren, reinen Handeln zu tun? Was ist überhaupt damit gemeint, dass
die Buddhas in der Flamme sind und handeln?
Ist es ist nicht überhaupt respektlos, Buddha mit einer Flamme zu vergleichen
und sogar zu behaupten, dass die Buddhas der Flamme als Dharma-Lehre zuhören? Warum wird die
Flamme als Gleichnis für den Dharma und damit für die Wirklichkeit und Wahrheit
des Handelns verwendet? Und diese beiden großen buddhistischen Meister lebten
in der Blütezeit des Buddhismus in China. Sie redeten sicher keinen Blödsinn
und waren keine Anfänger.
Einige Erläuterungen dazu: Die Flamme und Buddha sind nicht zu trennen, das ist gemeinsames Leben und gemeinsame Kraft. Das ist lebende Wechselwirkung, so ist die Wirklichkeit der Welt und des Lebens! Im dauernden Veränderungsprozess verwirklicht sich der Dharma oder, wie es im
Buddhismus häufig heißt, dreht sich das Dharma-Rad. Es hat also überhaupt
keinen Sinn, etwas festhalten zu wollen und es als dauerhaftes Ding, statische
Sache oder ewige Pseudo-Substanz zu verstehen. Das hat keine Kraft und kein Leben. Das wären nur bedeutungslose Glasperlen der Intellektuellen. Davon gibt es schon genug, sogar im Buddhismus. Davon können wir unser Leiden nicht verringern und überwinden. Denn wir brauchen Energie und Handeln. Das wird uns durch das Feuer und die Flammen klar. Wir wollen uns doch entgiften und entleeren von den Giften Gier, Hass und Verblendung. Das Leben oder das Dharma-Rad
drehen sich wie das Handeln des Alltags bei normalen und erwachten Menschen. Und umgekehrt: Wer die Wirklichkeit leugnet und in die Flammen greift, wird sofort schmerzlich lernen, dass Ideologien und Flammen nicht das selbe sind. Ähnlich geht es den
Nihilisten, die meinen, es gibt überhaupt keine Flammen. Das lehren uns die Flammen und Buddhas!Bei Meister Gensa stehen die Buddhas auf der Erde und hören die große
Dharma Lehre. Sie hören achtungsvoll zu und tun dies ohne Ablenkung und
Eigennutz. Sie geben in Klarheit und Reinheit das große Gesetz der Welt wieder. Dadurch befreien sich die Menschen zur Wirklichkeit und Wahrheit. Denkt dran: Buddhas treffende Beschreibung unserer Wirklichkeit ist: "Gemeinsames Entstehen in Wechselwirkung".
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Die
richtige Meditation ist für den
Befreiungsprozess unerlässlich und wird nach Dōgen im Zazen verwirklicht.Die Aussagen von Meister, Seppō und Gensa entwickeln sicher auch bei dir große Tiefenschärfe und
spirituelle, poetische Kraft. Die Flammen sind zweifellos auch Symbol der
Reinheit und der Wärme. Ich nenne das die Feuer-Meditation. Das heißt, dass wahres Handeln nicht von Ehrgeiz und
Mutwillen angetrieben wird, sondern dass es auch um das Geschehen-Lassen geht, das
sich ereignet. Das betont Dogen in aller Klarheit. Besonders in der heutigen
Zeit sollten wir uns vor Hetze, Aktionismus und digitaler Verblödung schützen.
Übrigens bin ich überzeugt, dass wir Menschen eine genetische Bindung zum Feuer haben, die durch die menschliche Evolution ganz gut erklärbar ist. Oder wie der Gehirnforschen Manfred Spitzer wohl sagen würde: Von denen, die das Feuer nicht beherrschten und nicht nutzen konnten, stammen wir nicht ab.
Handeln und Flammen vertiefen