Samstag, 19. März 2022

Praktische Weisheit im Alltag: Gleichgewicht und tiefe Ruhe

Buddha und Meister Dogen haben klar erkannt, dass Extreme niemals wahr sein können, denn sie sind Übertreibungen und meist von Ideologien und Dogmen getrieben. Häufig ist den Menschen das gar nicht bewusst und sie merken den großen Irrtum erst, wenn sie sich selbst in Unglück, Leiden und Katastrophen manövriert haben. Es geht aber um Gleichgewicht, Ruhe und kluge Intuition, gerade in den heutigen schwierigen Zeiten.

Leider beobachte ich solche unguten Entwicklungen auch in Partnerschaften, die von beiden in unheilsamen Kämpfen und Verletzungen geführt werden. Dann wird der verletzende Kampfmodus fast zum Alltag. Und was ist typisch für diesen Kampf-Modus? Dass isolierte und aggressive Egos immer mehr wachsen, sich steigern und das heilsame Gemeinsame immer kleiner und schwächer wird. Dann wächst auch das Misstrauen zwischen den Menschen. Aber die Gehirnforschung sagt uns ganz eindeutig: Der Mensch ist das sozialster Lebewesen auf dieser Erde und Geben ist besser als Nehmen. Bei allem Unglück des furchtbaren Krieges in der Ukraine sind wir überwältigt von der großen gemeinsamen Hilfsbereitschaft und geschlossenen Gemeinsamkeit in unseren Ländern. Dadurch verwirklicht sich nach Dogen die große Weisheit des Menschen, weit über den Intellekt hinaus..

Die Ego-Kämpfe fallen zu lassen ist die zentrale Aussage dieses Kapitels und ist das Herzstück des berühmten Herz-Sutras. Isolierte geistige und psychische Bereiche gibt es in der wahren Wirklichkeit des Menschen genau so wenig wie isolierte Teile des Körpers. Dogen stellt dieses Sutra an den Anfang des zweiten Kapitels seines großen Werkes Shobogenzo, das für mich zu den größten spirituellen und geistigen Kulturleistungen der Menschheit gehört. Es hat mein Leben tiefgreifend verändert.

Der Sanskrit-Begriff Pāramitā bedeutet das „Erreichen des anderen Ufers“, also das Erwachen und Überschreiten des üblichen Denkens, Fühlens und der ungenauen oder sogar verblendeten Wahrnehmung. Damit kommen wir aus dem fatalen Kreislauf selbst verursachter Leiden und Plagen heraus. Dann entwickeln wir den "Willen zum Glück", auch in schwierigen Zeiten. Und der Wille zum Glück ist ein sehr guter Kompass für den Weg unseres Lebens. Denn Glück kommt von innen und sehr selten von außen. Glück ist vor allem gemeinsames Glück, wie es bei Nagarjuna heißt: "Gemeinsames Entstehen in Wechselwirkung", also ohne unheilsame  Extreme. Aber auch naive Gläubigkeit kann unser Glück zerstören. Das Gegenteil ist kluge Intuition und auch Vorsicht.

Mein großer Lehrer Nishijima Roshi sagte zu diesem Kapitel:

Prajna-Weisheit wird intuitiv und unmittelbar erfahren, wenn Körper und Geist im Zustand des Gleichgewichts sind, und Zazen ist die Übungspraxis, durch die Körper und Geist in diesen Zustand gelangen.“


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