Es gibt viele verschiedene
Wesen in der Welt, die jeweils ihr eigenes Leben haben; im Zitat aus dem
Lotos-Sūtra werden sie als „meine Kinder“
bezeichnet. Dies verweist auf das Gleichnis des brennenden Hauses und auf die
Beziehung Gautama Buddhas zu den Menschen; sie offenbaren und manifestieren
sich mit ihrem Handeln und ihren Funktionen.
Der mitfühlende Vater gibt
den Kindern laut Dōgen „ihren Körper,
ihre Haare und ihre Haut“, sodass sie nicht verletzt werden und keinen
Mangel leiden. Nishijima und Cross vermuten hier auch einen Bezug zur Lehre des
Konfuzius, der die gute und loyale Beziehung von Kindern zu ihren Eltern
besonders schätzte.[i]
Dōgen kommt dann auf den
Augenblick zu sprechen und betont, dass eine Unterscheidung von Vater und Kind im Jetzt der Gegenwart nicht
aussagekräftig ist, weil es hier um die Einheit untereinander und mit der
dreifachen Welt geht. Damit übersteigt er die Aussage von Konfuzius.
„Dieser Zustand wurde empfangen, (aber)
nicht gegeben, wurde erlangt, (aber) nicht mit Gewalt genommen.“
Die üblichen
Unterscheidungen zwischen Geben und Nehmen, Gehen und Kommen, Maßangaben wie
groß und klein oder Diskussionen über alt und jung seien für den gegenwärtigen Zustand nicht angemessen.
Sie haben für das obige Gleichnis keine Bedeutung.
Aber Dōgen bittet uns, diese
Aussagen nicht einfach hinzunehmen, zum Beispiel weil sie im Lotos-Sūtra stehen,
sondern wir sollten ohne Hast gründlich darüber nachdenken. Der Zustand
Buddhas, der im Gleichnis mit dem Vater gemeint ist, ist für alle Menschen
durch den Buddhismus erreichbar, wenn sie vertrauensvoll und dauerhaft
praktizieren und die buddhistische Lehre gründlich studieren.
Das Mitgefühl des Vaters ist
letztlich allerdings für die Kinder gar nicht erforderlich, wenn diese sich
nach ihrer wahren Natur selbst
verwirklichen. Im Lotos-Sūtra ist allgemein von Kindern die Rede, ob sie
sich nun ihrer wahren Natur bewusst sind oder nicht. Die Wirklichkeit des
Buddha-Dharma ist nämlich unabhängig davon, ob sie uns bewusst ist, weil sie
die Wirklichkeit als solche ist.
Dann zitiert Dōgen weiter aus dem Lotos-Sūtra, indem er schildert, dass
die Buddhas ihren „Dharma-Körper“ so verwandeln, dass sie den Menschen
wirkungsvoll helfen können.
„Deshalb sind
die Blüten und Früchte aller Dinge Buddhas eigener Besitz. Die Felsen und
Steine, große und kleine, sind eigener Besitz Buddhas. Er verweilt friedlich in
Wald und Feldern. Der Wald und die Felder sind schon frei.“
Damit spricht Dōgen die Natur in ihrer ganzen Schönheit und Kraft an:
Nicht nur die Blumen und Bäume sind gemeint, sondern auch die Felsen, Kiesel
usw. In einem anderen Kapitel erklärt er, dass die Natur den wahren
Buddha-Dharma lehrt[ii]
und bezeichnet sie als „nicht-empfindende Wesen“.