Für Dōgen sind die ewigen Buddhas gemeinsam anwesend und wirken in der Gegenwart zusammen:
„Zur Zeit von Shākyamuni Buddha sind
alle Buddhas der zehn Richtungen gegenwärtig. Zur Zeit von Seigen ist Nangaku
gegenwärtig; zur Zeit von Nangaku ist Seigen gegenwärtig. Zur Zeit von Sekito
ist Baso Do-itsu anwesend.“
Die letztgenannten Meister
waren jeweils Zeitgenossen und sind die Nachfolger von Daikan Enō. Sie lebten
in der goldenen Zeit des Zen-Buddhismus von 700 bis 900 nach der Zeitenwende.
Einerseits waren sie selbstständig und unverwechselbar, oder – wie Dōgen sagt –
sie behinderten sich nicht gegenseitig.
Andererseits hatten sie engen Kontakt zueinander und tauschten sich meist
direkt oder sonst über Schüler ständig untereinander aus.
„(Jeder der Meister) hat gleichzeitig
einen Geist, einen Körper, einen Zustand des Leuchtens und ein nationales Land.
Jeder ist vor langer Zeit gestorben und ist überhaupt niemals fortgegangen.“
Damit drückt Dōgen die gegenwärtige Anwesenheit der Kraft und
des Wirkens dieser großen Meister aus und betont, dass deren große Kraft
vermutlich gerade darin liegt, dass sie zwar gestorben sind, aber immer noch
ihre volle Wirksamkeit in der Gegenwart der Menschen entfalten. Er erläutert,
dass sich die Meister als Einheit verstehen und die Anwesenheit der anderen
Meister trotz der zeitlichen Trennung von manchmal vielen Jahrhunderten
erleben. Obgleich die alten Meister also „körperlich“ nicht mehr anwesend
seien, gäbe es eine lebendige, gegenwärtige und unverzichtbare Gemeinschaft.
Hierzu sind Aussagen vieler
großer Meister überliefert. Eine solche Wechselwirkung im Geist kommt laut Dōgen
dann zustande, wenn die einzelnen Meister am lebendigen Buddha-Dharma teilhaben und sich daher umfassend
intuitiv verstehen können. Man darf sich den Geist der ewigen Buddhas aber
nicht als losgelöst von der Praxis vorstellen. Im Gegenteil: Durch die
ausdauernde und intensive Praxis ergibt sich erst die Einheit von Körper und
Geist. Der lebendige Geist dieser großen Buddhisten ist also keine historische Angelegenheit, sondern
kraftvolle Energie der Gegenwart. Dōgen rät uns deshalb:
„Ihr solltet die Lebzeiten eines ewigen
Buddhas erfahren und erforschen.“
Damit meint er, dass wir uns
nicht mit einem vordergründigen
Verstehen zufriedengeben sollen. Wir sollten uns nicht nur in schöne
romantische Stimmungen über die alten Meister versetzen, sondern eine intuitive
Einheit mit ihnen anstreben und verwirklichen.
Dann zitiert Dōgen seinen
eigenen Meister Tendō Nyojō, der
sagte:
„Ich bin dem ewigen Buddha Wanshi
begegnet.“
Meister Wanshi lebte etwa
100 Jahre vor Tendō Nyojō, der sich sehr stark auf Wanshis lebendigen Geist
stützte. Er war von dessen dauernder
Anwesenheit und Klarheit durchdrungen. Dies sei nicht nur ein subjektives
Gefühl, fügt Dōgen hinzu, sondern eine direkte und reale Gemeinschaft zweier bedeutender Zen-Meister, die große
Hochachtung voreinander hatten und sich sehr eng verbunden fühlten. In diesem
Sinne sagte Meister Engo Kokugon[i] über
Daikan Enō:
„Ich verbeuge mich bis zum Boden vor
dem wahren, ewigen Buddha Daikan Enō.“