Dōgen sagt über Meister Eka,
dass dieser beharrlich und ausdauernd versucht hatte, den Geist und die Natur
des Buddhismus darzulegen, aber dass das zunächst für ihn unmöglich gewesen
war, weil er den Zustand der Wahrheit
noch nicht erlangt hatte. Durch die andauernde Übung, vor allem des Zazen, machte
er jedoch Fortschritte und konnte schließlich den Zustand der Wahrheit seines
Lehrers Bodhidharma erlangen.
In diesem Zusammenhang gibt
es jedoch verschiedene Interpretationen, die Dōgen aber für falsch und unsinnig
hält. So wird zum Beispiel die irrige Meinung
vertreten, dass Eka zunächst verzweifelt und mit aller Gewalt versucht hatte,
den Geist und die Essenz des Buddhismus darzulegen und auszudrücken.
Erst als er dieses Vorhaben aufgegeben hätte, also nichts mehr darlegen wollte, konnte er
den Zustand der großen Wahrheit erlangen. Dōgen kritisiert, dass dabei völlig
vernachlässigt werde, dass man erst mit
einem Geist wie Hecken und Mauern in der Lage ist, in die Wahrheit einzugehen. Und er fügt hinzu, dass wir durch die Praxis und
Übung in die Richtung des Buddha-Dharma gehen, nachdem wir den Bodhi-Geist
erweckt haben. Obgleich wir zunächst immer wieder und ausdauernd praktizieren,
„treffen wir in hundert Anstrengungen
niemals das Ziel.“
Aber mit der Unterstützung
guter Lehrer und der Sūtras, welche die Wahrheit über den Geist lehren und
ausdrücken, werden wir langsam fähig, das Ziel zu erreichen. Indem man einfach
aufgibt, gelingt das nicht. Auch ohne die buddhistischen Schriften, die Sūtras,
ist der Gang auf dem Buddha-Weg m. E. nicht zu gehen; Geist-Feindlichkeit
bringt uns zurück und nicht weiter.
„Einen Treffer des Ziels gibt es jetzt
durch die Tugend und Kraft von Hunderten von vergeblichen Versuchen in der
Vergangenheit. Es ist eine Reifung durch Hunderte von Fehlern.“
Die "vergeblichen
Versuche" sind gar nicht vergeblich, denn sie sind jeweils ein wichtiger Lernschritt. Ganz schlicht: Wir müssen einfach dranbleiben.
Dabei ist es notwendig, dem
Lehrer zuzuhören, die Wahrheit zu üben und den Zustand der Erfahrung der
Wirklichkeit zu erlangen. Denn die vielen Fehlversuche auf dem Übungsweg sind Teil des Lernprozesses und unerlässlich,
um schließlich das Ziel zu treffen und Geist und natürliche Essenz
auszudrücken. Einen anderen Weg gebe es nicht. Wer den Buddha-Weg nicht
gemeistert hat, sei kaum in der Lage, diese Grundwahrheiten zu verstehen.
Dōgen fügt ein
aussagekräftiges Gleichnis hinzu: Wenn jemand tausend Meilen geht, gehören der
erste und der letzte Schritt dazu. Sie bilden eine Einheit auf dem Weg der tausend Meilen. Obgleich der erste Schritt
sich vom letzten unterscheidet, sind beide notwendig, um die Strecke zu
bewältigen. Alle Schritte gehören dazu und keiner kann ausgelassen werden, wenn
wir das Ziel erreichen wollen. Es kommt also nicht nur darauf an, den Weg des
Buddhas zu gehen, nachdem wir die
Wahrheit erlangt haben, sondern der gesamte
anfängliche Lernprozess gehört dazu und ist wesentlich. Nur derjenige kann
darüber Klarheit haben, der den ganzen Weg als praktische Erfahrung gemeistert
hat, betont Dōgen.
Damit sagt er klipp und
klar, dass wir ausdauernd und mit langem Atem den Buddha-Weg gehen sollen und
auf keinen Fall wegen anfänglicher Misserfolge aufgeben dürfen. Dies steht in
krassem Gegensatz zu manchen dubiosen
buddhistischen Versprechungen, dass man bei der Teilnahme an einem Kurs bei
einem bestimmten selbsternannten Lehrer im Schnellverfahren die Erleuchtung
erlangen könnte. Ein solches Schnellverfahren kann es nicht geben, das sagt uns
nicht zuletzt die heutige Gehirnforschung zum Lernen.
Genauso unsinnig ist es, bei
immer neuen Lehrern anzufangen und
den Weg nicht konsequent weiterzuverfolgen. Man braucht in der Tat eine gewisse
Anfangsstabilität des eigenen Selbstwertgefühls, um nicht aufzugeben und
frustriert abzubrechen. Die vollmundigen Versprechen und Ankündigungen der
sogenannten Lehrer können dabei die spätere Frustration und Enttäuschung noch wesentlich
verstärken. Ganz wichtig ist es auch, dass wir nicht nur im Seminar oder in
einem Sesshin lernen, sondern jeden Tag
praktizieren, um so Schritt für Schritt voranzukommen.
Es muss nicht immer lange
sein!