Besonders gefährlich sind
psychische Scheinerlebnisse der großen Erleuchtung, die oft wie in einer
Gruppenhypnose „explodieren“. Aber ein Erleuchtungserlebnis ist noch kein
Erwachen im Sinne Buddhas. Nishijima Roshi hat über den angeblichen Konflikt
zwischen allmählicher und plötzlicher Erleuchtung fundierte Aussagen gemacht
und klargestellt, dass sowohl bei den Methoden der Sōtō-Linie als auch der
Rinzai-Linie beide Bereiche notwendig sind.[i] I
n einer konsumorientierten
Gesellschaft ist es üblich, dass man sich bestimmte Ware für Geld kaufen kann,
aber eine nachhaltige Erleuchtung ist gerade keine Ware oder Dienstleistung. Darauf
weist auch der lebende Zen-Meister Brad Warner immer wieder hin.[ii] Der
Buddha-Weg ist ein langsamer Reifungsprozess, der immer umfassendere Bereiche
und Schichten des Menschen erfasst und umwandelt. Dabei kann es durchaus
existentielle Sprünge geben, die aber immer in enger Verbindung mit dem
langfristig angelegten Lernprozess stehen.
Der Zustand des erleuchteten
Geistes ist nicht statisch und von der Zeit unabhängig, sondern er verwirklicht
sich jeweils im Augenblick und im Handeln, zum Beispiel bei der Zazen-Praxis.
Wenn Dōgen also sagt, dass der Übungsweg das Ziel der Erleuchtung „trifft“,
darf das nicht zu Vereinfachungen und Missverständnissen führen. So sagt Dōgen,
dass sowohl die Menschen, die noch in Täuschungen und Illusionen verhaftet
sind, durch Übung die große Wahrheit erlangen, als auch jene, die frei von
Täuschungen sind.
Auch wenn wir auf dem
Buddha-Weg sind und den Zustand der Wahrheit noch nicht erreicht haben,
bedeutet dies laut Dōgen, dass wir den Geist und die natürliche Essenz darlegen.
Andere Menschen erkennen dann ebenfalls, dass wir auf dem Buddha-Weg lernen.
Wenn wir den Geist und die Buddha-Essenz lehren und darstellen, intensiviert
das unseren eigenen Lernprozess. Also ist auch das Handeln des Lehrens selbst
der Ausdruck und die Darlegung des Buddha-Geistes.
Schließlich verdeutlicht Dōgen,
dass es nicht allein um das erste Erleuchtungserlebnis geht, sondern das
Handeln, den Zen-Geist darzulegen, muss sich weiter fortsetzen. Und er hält
fest:
„Den Geist zu erklären und die Essenz
darzulegen bedeutet daher, auf dem Buddha-Weg geradlinig und aufrichtig zu
sein.“