Durch die Worte von Herrigels Meister, „Es hat geschossen“, können wir
besser nachvollziehen, wie sich das
ES bei der
Zazen-Praxis ereignet, das über Worte und Denken hinausgeht,
aber gerade der umfassende
Zen-Geist ist. Dieses ES wird vielleicht intellektuell als vage und nicht
konkret fassbar empfunden, aber es ist genau die Wahrheit der buddhistischen
Lehre,
denn das ES
existiert in der Wirklichkeit.
Wenn man es erlebt, ist man locker, frei und klar, ohne lasch oder träge
zu sein, und erlebt einen Zustand des Friedens und der Freude, wie Dōgen dies
für die Zazen-Praxis und den Zen-Geist formuliert. Dieses ES oder die Wahrheit
jenseits von Denken und Wahrnehmen oder von Worten und Sätzen geschieht je im
gegenwärtigen Augenblick, hebt die Trennung von Subjekt und Objekt auf und löst
damit auch die Grenzen des isolierten Ich auf, sodass sich die umfassende
Einheit mit dem Universum verwirklicht, das große Mysterium unseres Lebens:
„Das Selbst empfängt das (wahre) Selbst.“
Ich möchte noch hinzufügen, dass wir auch in den westlichen Sprachen
bestimmte Formulierungen haben, die für Situationen verwendet werden, in denen
man nicht einfach ein Subjekt oder Objekt bezeichnen kann. Beispiele hierfür
sind: es regnet, es schneit, es stürmt,
es ereignet sich usw. Grammatikalisch gesehen gehören diese Formulierungen
weder zum Aktiv, bei dem jemand etwas tut, noch zum Passiv, bei dem jemand
etwas erleidet, sondern sie liegen in der Mitte.
In einem solchen Augenblick gibt
es kein Subjekt mehr, das handelt, und kein Objekt, mit dem etwas getan wird,
denn eine solche Unterscheidung kann das
Wesentliche dieser Wirklichkeit, die uns oft unvermittelt und unerwartet
begegnet, nicht sinnvoll beschreiben. Die tiefe Wirklichkeit ist mehr als
Subjekt und Objekt!
Der Augenblick des
Abschießens eines Pfeils ist viel kürzer als ein Gedanke. Er entwickelt eine
unmittelbare wirkliche Energie für Körper-und-Geist, die der Mensch direkt
erfährt. Ist das ein kosmische Energie? Genau in diesem gegenwärtigen
Augenblick offenbart und verwirklicht sich nach meinem Verständnis der
Zen-Geist. Ein solcher Augenblick der Wirklichkeit, wenn uns der wunderbare und
zugleich reale Geist begegnet und erfasst, besitzt eine direkte Klarheit, fast
möchte ich sagen Selbstverständlichkeit:
„Das
ist es!“
Im nächsten Beitrag möchte ich die bisherigen
Überlegungen zum Zen-Geist und zur unfassbaren Wirklichkeit des ES vertiefen
und von einer Kōan-Geschichte über Daikan
Enō, den wohl größten Zen-Meister vor Dōgen, berichten.