Der große Meister Zen-Daikan Enō (Hui Neng) war zunächt
als Waldarbeiter und Holzsammler in den Bergen und Wäldern in Shinnshu zu Hause. Ich vermute, dass er
mit größter Offenheit und Klarheit in und mit der Natur lebte. Er kannte den
Wald, die Pflanzen und Berge, ohne viel darüber zu reden, sie waren seine
Freunde. Sein Vater war früh gestorben, und mit seinen kleinen Verdiensten
ernährte er auch seine mittellose Mutter.
„Durch seine Anstrengung und seinen
Fleiß unter den grünen Pinien hatte er die Wurzeln (der Täuschungen)
ausgerottet, aber wie konnte er von den ewigen Lehren wissen, die den Geist
erleuchten?“
Daikan Enō konnte, so
schildert es die Überlieferung, weder lesen noch schreiben und hatte daher
niemals in einem Kloster oder an irgendeinem Ort in den Sūtras gelesen. Und er
hatte keinen buddhistischen Lehrer, unter und mit dem er sich in der Praxis
„reinigen“ konnte. Das ist eine ganz erstaunliche Ausgangslage für diesen
äußerst kreativen und klaren Zen-Meister, der später große Schüler hatte, die
selbst Meister wurden und durch die der Zen-Buddhismus seine goldene Zeit in
China erlebte.
Es wird berichtet, dass Daikan
Enō auf einem Marktplatz zufällig ein Sūtra von einem Zen-Mönch hörte, nachdem
er aus dem Wald zurückgekehrt war. Bis dahin wusste er überhaupt nichts vom
buddhistischen Weg. Niemand hatte ihn ermutigt oder auch nur dazu angeregt, die
buddhistische Lehre und Praxis zu erlernen.
„Er wusste nicht, dass in seinem Gewand
(eines einfachen Waldmannes) eine verborgene Perle lag, die den Kosmos
aufleuchten lassen wird. Plötzlich (durch das Diamant-Sūtra) erleuchtet (und
unmittelbar ergriffen), verließ er seine alte Mutter und machte sich auf den
Weg, einen Lehrer zu suchen.“
Bevor er sich aufmachte, war
es ihm noch gelungen, seine Mutter zu versorgen. Der Buddha-Dharma hatte ganz
plötzlich in seinem Leben das größte Gewicht bekommen:
Das ES war in jäh begegnet.
Er hatte nicht den geringsten Zweifel, dass sein Leben nach dieser Begegnung
mit dem Es des Zen-Geistes eine neue Richtung genommen hatte, der er nun mit
aller Konsequenz und Klarheit folgte.
„Dies ist genau die Wahrheit jener
Menschen, die Weisheit haben, wenn sie (den Dharma) hören. Sie sind fähig zu
vertrauen und verstehen sofort.“
Dōgen erläutert, dass eine
solche Weisheit des Geistes nicht von anderen Menschen erlernt wird und auch
nicht durch uns selbst entsteht:
„Weisheit kann Weisheit direkt aus Weisheit
herausholen.“
Eine wirklich echte und
wahre Lehre wie der Zen-Buddhismus kann uns also unmittelbar und unerwartet
erfassen, und plötzlich stehen wir an einer Weggabelung unseres Lebens. Ganz
neue Möglichkeiten, Fähigkeiten und Freiheiten eröffnen sich plötzlich. Ein
solches Ereignis lässt sich nur unzureichend auf Umstände und Ursachen
zurückführen,
"aber weil eine solche Wahrheit im
Inneren und direkt in unseren Körpern gegenwärtig ist, verstehen sie die
Dharma-Wahrheit sofort, wenn sie diese hören.“