Die Buddha-Natur wird
ganzheitlich und maßgeblich durch die äußere Form zum Beispiel eines Meisters
offenbar. So manifestiert sie sich als Wirklichkeit. Gerade bei nicht
authentischen Meistern kann man daher durch genaue
und geschulte Beobachtung erkennen, ob sie ihre Schüler vielleicht
missbrauchen oder nicht. Wenn zwischen dem wahren Buddhismus und dem Handeln eine Lücke klafft, kann das
einer genauen Beobachtung nicht entgehen. Ich möchte z. B. an die Probleme bei
Sogyal Rinpoche erinnern, denn für den Missbrauch ist das falsche Vertrauen der
Schüler notwendig.
Dôgen fügt dann eine weitere
Erläuterung hinzu, die sicher oft zu Missverständnissen Anlass gibt:
„Der formlose(nicht fixierte) Zustand des
Samâdhi in seinem körperlichen Zustand stellt den vollen Mond dar. Die (wahre)
Bedeutung der Buddha-Natur ist offensichtlich und klar in aller Transparenz.“
Nishijima und Cross
erläutern hierzu, dass damit nicht gemeint ist, dass es sich um einen unsichtbaren imaginären Zustand des
Samâdhi handelt, sondern dass fixierte
und starre Formen des Samâdhi ausgeschlossen werden sollen. Der Zustand
Nâgârjunas ist also nicht fixiert und festgelegt, sondern beweglich je nach dem
Hier und Jetzt.[i]
Nach der Überlieferung
verschwand der Kreis des vollen Mondes umgehend, und der Meister saß auf seinem
Sitz und lehrte die versammelten Menschen:
„(Dieser) Körper manifestiert die
Rundheit des Mondes,
dadurch zeigt (der Körper) die physische (Form) der Buddhas.
Die Lehre des Dharma hat keine fixierte Form.
Die wahre Funktion ist jenseits von Tönen und Sichtbarem.“
dadurch zeigt (der Körper) die physische (Form) der Buddhas.
Die Lehre des Dharma hat keine fixierte Form.
Die wahre Funktion ist jenseits von Tönen und Sichtbarem.“
Dôgen verdeutlicht
anschließend noch einmal in eigenen Worten, dass die wirkliche Funktion
jenseits der Manifestation von Tönen und Sichtbarem ist und dass es keine
festgelegte Form gibt, wie der Buddha-Dharma gelehrt wird. Auch hierbei soll
also keine dogmatische Fixierung
erfolgen. Ich vermute, dass falsche Lehrer häufig mit fixierten Formen, Gesten
und Posen arbeiten.
Er geht er auf die einzelnen
Aussagen und Geschehnisse der geschilderten und sehr bekannten Überlieferung der
Manifestation der Buddha-Natur zu Nâgârjuna
und Kanadeva ein. Dabei legt er Wert
auf ein tiefgründiges und spirituelles Verständnis, das die wesentlichen
buddhistischen Schwerpunkte aufzeigt und erläutert.
Es ist klar, dass wir die
Buddha-Natur verwirklichen können, aber dies ist unmöglich, wenn Ich-Stolz vorherrscht. Dieser kann in
sehr verschiedenen Formen und Varianten auftreten und ist nicht immer leicht
als solcher zu erkennen. Auch in buddhistischen Gruppen kommt es vor, dass
äußerliche Bescheidenheit und Höflichkeit verbergen, dass der betreffende
Mensch eigentlich überheblich und von der eigenen Großartigkeit erfüllt ist.
Oft basiert die versteckte
Arroganz auf dem Gefühl der Überlegenheit in der buddhistischen Theorie oder
Praxis. Solche Menschen sind meist sehr empfindlich, wenn ihre überzogene
Selbstdarstellung in Gefahr gerät und angezweifelt wird. Sie reagieren dann oft
erstaunlich aggressiv, sodass deutlich wird, dass die bescheidene und höfliche
äußere Form nur eine dünne, oberflächliche Schicht ist. Der Buddha-Dharma ist
sozusagen in das Innere des Menschen nicht vorgedrungen, sondern beschränkt
sich auf äußere Verhaltensweisen und sein Gebaren.
Es gibt vielfältige Möglichkeiten,
den Ich-Stolz zu überwinden, erklärt Dôgen:
„Aber sie sind alle (Methoden) der
Verwirklichung der Buddha-Natur, die wir als Verwirklichung durch die Augäpfel
und das Sehen mit den Augen lernen sollten.“