Dôgen zitiert eine Stelle
aus einem Kôan-Gespräch zwischen Meister Rinzai
und Meister Fuke,[i] dem
von Rinzai Grobheit vorgeworfen
wurde. Fuke möchte ich als "verrückten
Heiligen" bezeichnen, ein unkonventioneller ja querköpfiger
"Zen-Knochen", der einen untrüglichen Sinn für Direktheit und
Ehrlichkeit besaß. Er ist mir auch deswegen sympathisch, weil er der Ahnherr
der Meditationsflöte Shakuhachi ist, die ich selbst
regelmäßig spiele und sehr schätze. Mit der Zen-Flöte kann man wirklich nicht
lügen.
Meister Fuke stieß bei einer gemeinsamen
Einladung zusammen mit Meister Rinzai und hochgestellten Persönlichkeiten mit
Absicht den gesamten Tisch mit Essen um, weil ihm das theoretische, spirituelle
Gerede von Meister Rinzai auf die Nerven ging. Dieses berühmte Kôan-Gespräch
ist auch im Shinji Shôbôgenzô
enthalten und von Nishijima Roshi eingehend kommentiert worden.[ii]
Offensichtlich will Dôgen
damit von einer abstrakten Sichtweise, spirituellen Fantasien und
intellektueller Spitzfindigkeit zum real Körperlichen des Hier und Jetzt kommen.
Er fügt hinzu, dass es notwendig sei, die Subjektivität abzulegen, denn es gehe
nicht um die Individualität des Selbst,
sondern um die Physis der Buddhas:
„Der sich manifestierende Körper selbst
ist jenseits des (nur) sichtbaren Körpers und jenseits der Welt der einzelnen skandhas.
Die äußere Erscheinung ist zwar gleich wie die der skandhas, aber sie
demonstriert die konkreten (und wahren) Mittel der Lehre von Meister Nâgârjunas
für die anwesenden Menschen und ist die wirkliche Physis der Buddhas.“ Und weiter heißt es bei Dôgen:
„Die Ganzheit der Dharma-Lehre
transformiert den Augenblick (!) und ist die Manifestation eines freien
Körpers, der jenseits von (nur materiellen) Tönen und dem Sichtbaren ist.
Die Augenblicke kommen und gehen und
sind die gegenwärtige Erscheinung eines ganz natürlichen Kreises.“
Dôgen kommt dann auf
Nâgârjunas Nachfolger Kanadeva zu sprechen, der als einziger der Anwesenden
volle und tiefe Einsicht in die Rundheit des Mondes hatte und den sich
manifestierenden Körper als wahre
wunderbare Natur der Buddhas erkannte.
„Die anderen (Teilnehmer von Nagarjunas
Dharma-Rede) sagen nur, dass die Buddha-Natur nicht durch die Augen gesehen
wird, nicht durch die Ohren gehört wird, nicht durch den Geist erkannt wird
usw. Sie wissen nicht, dass der sich manifestierende Körper selbst die
Buddha-Natur ist.“
Dôgen betont hier besonders,
dass die Buddha-Natur etwas ist, das sich durch den Körper selbst manifestiert und verwirklicht. Das bedeutet aber,
dass sie auch gesehen und gehört werden kann, sie ist nicht unsichtbar wie ein Geist – allerdings in
einem erweiterten Sinne und nicht nur als materielle Dimension der äußeren
Form. Es geht gerade nicht um einen
abgehobenen isolierten Geist!
Wer sich vor Missbrauch und
Verführung schützen will, sollte nicht nur den schönen Worten glauben, sondern die
Harmonie und Klarheit des ganzen Menschen,
Lehrer oder Meister, genau anschauen. Gibt es eine intuitive und ganzheitliche
Vertrauensbasis oder stimmt an dem Menschen vor mir irgendetwas nicht? Dann
sollte man lieber Abstand einhalten.