Mittwoch, 9. Oktober 2019

Mit Achtsamkeit gegen Anhaftung



Achtsamkeit ist heute in aller Munde. Daher lohnt es sich, die authentischen Aussagen Buddhas zu befragen. Im Sutta "Grundlagen der Achtsamkeit" fasst er in erstaunlich kurzer Form ganz Fundamentales zusammen:

„Ein Körper ist da, so ist seine Achtsamkeit gegenwärtig. Soweit es eben dem Wissen dient, soweit es der Achtsamkeit dient. Unabhängig lebt er und haftet an nichts in der Welt.“[i]

Achtsamkeit ist die genaue unverstellte Selbstbeobachtung von Körper, Gefühlen, Geist und geistigen Gegebenheiten, also den Dingen und Phänomenen. Achtsamkeit ist wie ein Kompass zur eigenen Befreiung, denn die allgemeinen buddhistischen Wahrheiten sind Hilfen und ersetzen nicht den eigenen Weg der Befreiung. Das gilt für alles Gesagte und Geschriebene, also gerade wenn die Lehren von anderen übermittelt. werden. Wer nicht versucht, sich selbst unverzerrt genau zu beobachtet, kann seine eigene Befreiung nicht erkennen und schon gar nicht steuern. Achtsamkeit erfordert daher auch Mut, die eigener Baustellen und Unwahrheiten möglichst genau zu sehen. Und jeder hat ja solche eigenen Baustellen. Denn:

Reden ist Silber, Handeln ist Gold!

 Das gilt im Buddhismus für alle Lebensbereiche, denn Erbauung, Empörung oder Resignation reichen nicht. Das ist zu wenig. Wenn nach Buddha ein Mönch oder ein anderer Mensch die Achtsamkeit in der Gegenwart, also im Augenblick, übt und praktiziert, dient dies dem Wissen über seine eigene Wahrheit. Damit ist auch gemeint, dass scheinbar wunderbare Spekulationen und Illusionen für den Befreiungsweg wenig sinnvoll und hilfreich sind.

Beim Wissen geht es darum, wie wir Erleuchtung erlangen und unser eigenes individuelles Leiden überwinden und nicht um intellektuelles Wissen und auswendig Gelerntes.

Außerdem heißt es, dass alles der Achtsamkeit selbst dienen soll, indem wir uns klar machen, dass „ein Körper da ist“, wir also eine möglichst unverzerrte und direkte Verbindung zur Wirklichkeit des Körpers haben. Das gilt, ob wir diese Wirklichkeit nun absolut vollständig erfassen können, was ich persönlich nicht für möglich halte, oder nicht. Aber wir können so das Wissen der Wirklichkeit zur eigenen Befreiung und Weiterentwicklung verlässlich aufbauen und vervollständigen. Dabei hilft uns der Buddhismus.

Der zentrale Satz im Zitat lautet
„Unabhängig lebt er und haftet an nichts in der Welt.“

Damit ist unsere Entwicklung präzise charakterisiert: Wie nämlich jeder Mensch die Abhängigkeiten, und Fixierungen, das Übelwollen, Suchtverhalten, die Gier, den Hass und Neid erkennt und überwindet. Er kommt damit auf den Mittleren Weg zur Befreiung und zu einem zufriedenen Leben, in dem er seine nahezu unerschöpflichen Möglichkeiten erkennt und seine Potenziale entwickelt. Das beweist auch die moderne Gehirnforschung und Neuro-Wissenschaft. Also: ohne Achtsamkeit und Selbst-Beobachtung keine Lebensfreude und Entwicklung.




[i] Gäng, Peter: Medeitationstexte des Pali-Buddhismus, Bd. I